Wie kann Yoga chronische Schmerzen lindern?

Chronischer Schmerz wird durch unterschiedlichste Einflüsse ausgelöst. Oft führt das Grübeln über die Auslöser zu keinem Ergebnis oder die Auslöser sind heute jene und morgen wieder andere. Unterschiedliche Symptome spiegeln sich auf der körperlichen, geistigen und seelischen Ebene wieder. Wer immer wieder Schmerz erlebt, weiß beispielsweise, dass es schwerer fällt, fröhlich und ausgeglichen zu sein oder sich zu konzentrieren. Gleichzeitig können körperliche Symptome wie Muskelverspannungen oder Verdauungsstörungen usw. auftreten.

Alles steht in Verbindung. Diese Zusammenhänge von Körper, Geist und Seele werden immer besser durch die moderne Medizin erforscht und belegt. Damit untermauern sie das Prinzip des Yoga: Die Gesundheit des Körpers wirkt sich auf den Geist und umgekehrt aus.

Der ganze Organismus kommuniziert untereinander und das autonome Nervensystem mit seinen beiden Hauptakteuren, Sympathikus und Parasympathikus, mischt fast überall mit. Es entscheidet schnell, ob Du in Gefahr oder Sicherheit bist. Es löst Reaktionen aus, noch bevor Dein Verstand etwas mitbekommt. Wie bereits in Folge 1 und 2 erwähnt, greift es dafür auf neuronale Netzwerke zurück, die durch Erfahrungen immer wieder um- und aufgebaut werden. Je häufiger Du etwas Ähnliches erlebst, desto besser sind die jeweiligen Verknüpfungen innerhalb der Neuronen. Das trifft auf alles zu, was Du im Laufe Deines Lebens erlernst wie beispielsweise Gehen, Sprachen, Autofahren, Beziehungen oder Schmerz.

Gewohnheitsmuster ändern Schmerz verstehen und lindern

Ändere Gewohnheitsmuster

Das trifft genauso auf die Schmerzlinderung zu.

Tief verankerte Gefahrenmuster verblassen, wenn Körper und Geist möglichst oft in Sicherheit sind – also in Balance. Das Gehirn liebt neue Impulse, um diese Gewohnheiten, die Dich einschränken und belasten, durch neue Muster, die Dir guttun, zu schwächen.

Yoga unterstützt diesen Prozess durch unterschiedlichste Elemente und Impulse. Diese Yoga-Toolbox ist kein „Standard-Anwenderhandbuch“ mit bestimmten Ergebnissen und Zeitfenstern zur Linderung von chronischen Schmerzen. Deine Erfahrungen, Empfindungen, Gefühle, Gedanken, Körperreaktionen und Ressourcen sind genauso einzigartig wie Deine Schritte und erreichbaren Ziele.

Neue Muster lassen sich erfolgreicher verankern, wenn Du langsam und weniger auf einmal machst. Wobei Forscher herausgefunden haben, dass es mehrere Hundert Wiederholungen braucht, um neue Trampelpfade im Gehirn zu verankern. Regelmäßige Mini-Einheiten auf der Matte und im Alltag machen dabei einen großen Unterschied, um dem Schmerz und Stress einen Schritt voraus zu sein.

Yogatherapie ist

Selbstfürsorge ist Yoga

Die Selbstfürsorge und ein gesunder Egoismus gehören dazu. Das heißt einen bewussten, achtsamen, mitfühlenden, liebevollen und geduldigen Umgang mit Dir selbst. Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Achtsamkeit und das Annehmen von dem, was ist, ohne zu bewerten, was gut oder schlecht ist. Das öffnet Dir den Raum für Neues.

Mit der Zeit fällt es Dir leichter zu beobachten und zu erspüren, was für Dich stimmig ist. Sei es beispielsweise bei Bewegungen, Körperhaltungen, Atemlenkungen, Entspannungstechniken, Meditationen oder bei alltäglichen Aktivitäten. Das stärkt Dein Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und nährt Dein Wohlbefinden mehr und mehr.

Wenn Körper und Geist wieder und wieder entspannen, kommt Dein Geist zur Ruhe und das spiegelt sich im Atem und Körper wieder. Entspannende Atem- und Körperbewegungen wirken sich wiederum auf Deine Gedanken aus. Hier ein paar Ideen aus der Yoga-Toolbox:

Atmung

Wenn Du beispielsweise die Ausatmung betonst, und lange genug bei Deinem mühelosen Atem verweilst, kommen Deine Gedanken zur Ruhe und gleichzeitig nehmen die Anspannungen im Körper ab. Warum? Eine ruhige, mühelose und tiefe Atmung stimuliert den Vagusnerv, den sogenannten Ruhenerv des autonomen Nervensystems. Atmung ist der direkteste Weg, um auf den Vagusnerv einzuwirken.

Meditation

Wenn Du meditierst, kannst Du einen Abstand zu Deinen Grübeleien herstellen, gelassener werden und den Schmerz besser tolerieren. Dadurch wird Schmerz auch weniger intensiv wahrgenommen. Die Konzentrationsfähigkeit und die Fähigkeit, sich gegenüber äußeren Einflüssen und Meinungen anderer abzugrenzen, nehmen zu. In vielen Studien wurde bereits bewiesen, dass nach nur 3 Monaten regelmäßiger Meditation Veränderungen im Gehirn entstehen.

Asana

Wenn Du auf der Matte Asana und Abfolgen praktizierst, stehen das mühelose Atmen, das schmerzfreie Üben, die Aufrichtung der Wirbelsäule und die muskuläre Balance im Vordergrund. Kreativ und gezielt können Fehlhaltungen oder andere Defizite des Bewegungsapparates verringert werden. Mal helfen stabilisierende und erdende, mal mobilisierende, mal kräftigende, mal dehnende und dann wiederum ganz entspannende Variationen. Und wenn das nicht möglich ist, kann sogar Deine Vorstellung von Bewegungsabläufen das Gehirn aktivieren und heilsam sein. Bei all dem verbessert sich Deine Körperwahrnehmung. Du nimmst fast nebenbei viele Impulse in den Alltag mit, um gesundes Sitzen, Stehen oder Tragen, mehr Bewegung, mehr Pausen und Erholungsphasen zu integrieren.

Affirmation

Wenn Du kritische Gedanken und Emotionen „vertreiben“ möchtest, können stärkende Affirmationen die Ausgeglichenheit fördern. Wer unter chronischen Schmerzen leidet, kennt höchstwahrscheinlich solche schmerzgeprägten Tage, wo Angst, Enttäuschungen und Ablehnung das Selbstbewusstsein noch mehr schwächen. Glaubenssätze, die für Dich selbst überzeugend und kraftvoll klingen, ermutigen und machen stark. Das können Sätze sein wie: „So, wie ich bin, bin ich gut und liebenswert.“ Oder: „Ein wertvoller Mensch bin ich so oder so“. Auch hier gilt: Die Wiederholung machts!

Ein ganz entscheidender Tipp

Nun hast Du ein paar Yoga-Ideen erhalten, wie Yoga zu einer Linderung von chronische Schmerzen führen kann. Das, was für Dich stimmig ist und Du umsetzen kannst, wird während einer Yogatherapiestunde natürlich immer besprochen. Abschließend möchte ich dennoch eines erwähnen, was noch viel wichtiger ist. Finde einen Yogatherapierenden, der zu Dir passt. Einen, der in liebevoller Präsenz Dir zuhört, Dich versteht und dem Du vertrauen kannst. Wenn Du Dich aufgehoben fühlst, entsteht unbewusst ein Gefühl der Sicherheit. Stellt sich das Gefühl nach ein paar Terminen nicht ein, suche weiter. Nur dann kann heilsame Veränderung stattfinden.

Chronische Schmerzen lindern

Beginne mit dem Notwendigen,
dann mit dem Möglichen und
plötzlich wirst du das Unmögliche tun.

Franz von Assisi